Welche Fahrzeuge dürfen auf Fahrbahnen in zweiter Reihe halten – Regelverständnis im Alltag

Im städtischen Straßenverkehr ist es ein alltägliches Bild: Lieferwagen, Taxis oder Handwerkerfahrzeuge, die scheinbar selbstverständlich in zweiter Reihe halten, um Waren abzuladen oder Kunden aufzunehmen. Doch obwohl das Phänomen verbreitet ist, herrscht oft Unklarheit darüber, welche Fahrzeuge auf Fahrbahnen in zweiter Reihe halten dürfen – und in welchen Fällen das rechtlich tatsächlich erlaubt ist. In Deutschland ist die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) eindeutig, doch die Praxis wirft immer wieder Fragen auf.
Grundsätzlich verbietet § 12 Abs. 3 StVO das Halten in zweiter Reihe. Das bedeutet: Fahrzeuge dürfen auf der Fahrbahn nicht neben bereits geparkten Fahrzeugen halten, wenn dadurch der Verkehr behindert wird. Dennoch gibt es Ausnahmen, die unter bestimmten Bedingungen greifen und meist eine enge Zweckbindung voraussetzen. Besonders Lieferfahrzeuge, die gewerblich unterwegs sind, dürfen in zweiter Reihe halten, allerdings nur kurzfristig und ausschließlich zum Be- oder Entladen. Der Fahrer muss dabei grundsätzlich in der Nähe des Fahrzeugs bleiben und darf den fließenden Verkehr nicht wesentlich beeinträchtigen.
Diese Regelung wurde ursprünglich geschaffen, um den Wirtschaftsverkehr in Innenstädten aufrechtzuerhalten, wo Ladezonen fehlen oder durch Dauerparker blockiert sind. Entscheidend ist, dass das Halten „unvermeidbar“ ist – sprich: Es darf keine zumutbare Alternative in der Nähe geben. In diesem Zusammenhang spricht man oft vom sogenannten „privilegierten Halten“, das jedoch kein Freifahrtschein ist. Kommt es durch das Halten in zweiter Reihe zu gefährlichen Situationen, etwa wenn Radfahrer oder andere Verkehrsteilnehmer stark ausweichen müssen, drohen Bußgelder oder Punkte.
Auch Taxis dürfen unter bestimmten Umständen in zweiter Reihe halten, beispielsweise beim Ein- oder Aussteigen von Fahrgästen. Doch auch hier gilt: Das Fahrzeug darf nicht verlassen werden, und die Dauer muss sich auf das absolut notwendige Maß beschränken. Sobald der Fahrer das Fahrzeug verlässt oder der Halt sich in einen mehrminütigen Standvorgang verwandelt, wird aus dem rechtlich zulässigen Halten eine Ordnungswidrigkeit.
Nicht selten berufen sich auch Handwerker auf eine Ausnahmeregelung. Tatsächlich kann es Fälle geben, in denen kurzfristiges Halten in zweiter Reihe zur Ausübung ihrer Tätigkeit notwendig ist – etwa beim Transport schwerer Maschinen oder Werkzeug. Auch hier gelten strenge Bedingungen: Die Arbeiten müssen direkt an Ort und Stelle erfolgen, eine zumutbare Haltemöglichkeit darf nicht gegeben sein, und die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer muss ausgeschlossen bleiben. Ein Zettel mit „Handwerkereinsatz“ hinter der Windschutzscheibe ersetzt keine rechtliche Grundlage, wird jedoch von vielen Ordnungsbehörden als Hinweis auf die Situation gewertet – mit Ermessensspielraum.
Für Privatpersonen ist das Halten in zweiter Reihe dagegen nahezu immer untersagt. Ob kurzer Einkauf, Kinder abholen oder ein schnelles Gespräch mit einem Nachbarn – solche Anlässe rechtfertigen kein Halten neben parkenden Fahrzeugen. Auch das berühmte „Ich war doch nur kurz weg“ wird von Polizei oder Ordnungsamt selten als mildernder Umstand anerkannt. Besonders kritisch wird es, wenn durch solche Haltemanöver der Verkehrsfluss behindert wird oder Busse und Rettungsfahrzeuge blockiert werden – hier drohen schnell empfindliche Bußgelder.
Die Diskussion um das Halten in zweiter Reihe bleibt aktuell, nicht zuletzt durch die angespannte Parkplatzsituation in vielen Städten. Verkehrsplaner fordern daher gezielt mehr Ladezonen und klare Kennzeichnungen, um die Notwendigkeit von Regelverstößen zu verringern. Auch digitale Lösungen, wie die Echtzeitreservierung von Ladeflächen, werden zunehmend erprobt. Bis dahin bleibt die Regel jedoch bestehen: Halten in zweiter Reihe ist in Deutschland nur in Ausnahmefällen erlaubt – und dann auch nur unter strengen Voraussetzungen. Wer sich darauf beruft, sollte diese kennen und sorgfältig abwägen, ob sein Verhalten wirklich notwendig und zulässig ist.